Nicht alle Frauen schweben nach der Geburt ihres Babys auf Wolke Sieben. Negative Emotionen während des Wochenbetts sind für viele junge Mütter eine schwere Belastung. Durch welche Anzeichen Sie erkennen, ob Sie betroffen sind, wie lange diese Zeit dauert und was Sie gegen den Babyblues tun können, erfahren Sie in diesem Gastbeitrag.
Sobald eine Frau schwanger ist, beginnt eine Transformation auf körperlicher und geistiger Ebene. Direkt nach der Entbindung beginnt eine Zeit, die man Wochenbett nennt – sie dauert 40 Tage. Die Wochenbettphase ist eine individuelle Erfahrung für jede Mutter und ihr Kind – beide lernen, das Leben auf eine neue Art wahrzunehmen.
Viele Frauen sind ganz verzaubert von dieser Zeit. Werdende Mütter freuen sich auf das Wochenbett, wenn sie ihr Baby die ersten Tage seines Lebens im Arm halten dürfen. Umso erschütternder ist es, wenn während der Schwangerschaft oder nach der Geburt depressive Verstimmungen auftreten. Leider sind sie keine Seltenheit. Manche Frauen fühlen sich zusätzlich zur Wochenbettdepression schuldig, weil die erwartete Freude ausbleibt. Stattdessen erleben sie nach der Entbindung starke Stimmungsschwankungen und fühlen sich niedergeschlagen, unkonzentriert, erschöpft, gereizt und ängstlich. Es ist nicht ungewöhnlich, nicht selten. Es hat sogar einen Namen: Babyblues. Meist hat dieser einen leichten Verlauf und klingt nach wenigen Tagen wieder ab.
Die Wochenbettdepression hingegen entwickelt sich schleichend im Verlauf der ersten drei Monate und kann sogar mehrere Jahre andauern. Nach Expertenmeinungen gibt es drei Hauptursachen für eine Wochenbettdepression: hormonelle Veränderungen, körperliche Veränderungen und Stress. Typische Symptome für eine Depression sind ein anhaltendes, tiefschürfendes Erschöpfungsgefühl und Störungen des Schlafs oder Appetits. Die Frauen fühlen sich durch die Depression überfordert und empfinden eine innere Leere. Auch die Entwicklung von Schuldgefühlen (“bin ich eine schlechte Mutter?”) sowie die Unfähigkeit, Freude oder überhaupt Gefühle für das Baby zu empfinden, sind Symptome einer Wochenbettdepression. Der Zustand ist quälend und wird als “hoffnungslos” erlebt, sodas viele Frauen mit einer postnatalen Depression finstere Gedanken entwickeln. Sie werden von Schuld begleitet fühlen sich von ihrer Umwelt und sogar von ihren eigenen Emotionen abgeschnitten.
Die Wochenbettdepression ist eine postnatale, auch postpartale Stimmungsschwankung, die häufiger vorkommt, als allgemein angenommen wird. Es ist sehr wichtig, auf die Warnsignale zu achten, damit die Erkrankung so schnell wie möglich behandelt werden kann. Leider gelten bis heute in unserer Gesellschaft Wochenbettdepressionen als Tabuthema. Viele Betroffene verschweigen daher ihre Symptome aus Angst, nicht verstanden zu werden. Sie befürchten, als undankbar oder als schlechte Mutter beschuldigt zu werden, wenn sie keine Freude für ihr Kind zeigen können. Einige Mütter sind nicht in der Lage, die Bedürfnisse ihres Kindes zu erfüllen und erleben dadurch massive Schuld- und Schamgefühle.
Das Wochenbett dient der Genesung und dem Anpassungsprozess an den neuen Alltag mit einem Säugling. Früher haben Familienangehörige und Freunde für das Wohl der Mutter in dieser Zeit gesorgt: Sie wurde liebevoll bekocht und der Haushalt wurde von den Liebsten übernommen. Diese Tradition ist heute in vielen Familien zum Erliegen gekommen. Viele junge Mütter verbringen das Wochenbett mit ihrem Kind allein, da Angehörige oft zu weit weg wohnen, während der Ehepartner beruflich eingespannt ist. Die Gesellschaft, in der wir leben verlangt heute vielen Frauen selbst im Wochenbett Energie und Tatkraft ab – der Gedanke, dass der Haushalt funktionieren muss wie zuvor, kann nervenzehrend sein.
Werden Sie sich bewusst: An erster Stelle stehen die Gesundheit der jungen Mutter und des Neugeborenen. Andere Pflichten können während dem Wochenbett mit gutem Gewissen hintenangestellt werden. Um die Sorgen vorab zu nehmen können Sie das Wochenbett bereits vor der Geburt bewusst gestalten und planen, welche Aufgaben liegen bleiben oder von Familienmitgliedern übernommen werden können. Das Wochenbett gilt dem Kennenlernen von Mutter und Kind – es dient dem Zweck, sich an die neue Familienkonstellation zu gewöhnen. Seien Sie aufmerksam, wenn Sie mentale Schwierigkeiten bemerken. Es gibt keinen Grund sich dafür zu schämen. Sprechen Sie Wochenbettdepressionen offen an und suchen Sie Hilfe. Eine junge Mutter braucht einen guten Zuspruch und motivierende Helfer, um ihrer neuen Aufgabe gerecht werden zu können.
Um frischgebackene Mütter während der ersten 40 Tage nach der Geburt mental zu unterstützen, habe ich ein Buch geschrieben: “WoBu”. Als ein motivierender Begleiter für junge Mütter im Wochenbett bietet er Entspannungsübungen, leckere Rezepte zum Nachkochen, positive Affirmationen, Selfcare-Checklisten und viele Informationen über die Zeit des Wochenbetts und der Rückbildung. In diesem Buch steckt mein Wissen als Doula und als Yoga-Coach. Ich möchte Mütter von Neugeborenen dabei unterstützen, das Wochenbett behütet und entspannt zu gestalten. Wenn die Mutter glücklich ist, ist ihr Baby glücklich – und unsere Welt braucht glückliche Kinder mehr denn je.
Canan Dalamuk
Doula & Coach für Körper und Geist
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