Was ist Hämophilie?
Hämophilie ist eine vererbbare Blutkrankheit, die die Fähigkeit des Körpers stört, Blutgerinnsel zu bilden. Patienten mit Hämophilie haben eine reduzierte Anzahl von Gerinnungsproteinen im Blut. Folglich sind sie dem Risiko ausgesetzt, zu viel Blut zu verlieren, was zu gesundheitlichen Komplikationen führen kann.
Es gibt verschiedene Formen von Hämophilie und die Symptome können von mild bis lebensbedrohlich reichen. Obwohl kleinere Kratzer nicht so besorgniserregend sind, kann innere Blutung in den Knien, Knöcheln und Ellbogen zu schwerwiegenden Komplikationen führen.
Ungefähr einer von 10.000 Menschen werden mit der Krankheit geboren, die im Englischen auch als “Krankheit der Könige” bezeichnet wird, aufgrund ihrer prominenten Rolle in der Geschichte der europäischen Königshäuser.
Verschiedene Arten von Hämophilie
Welche Art von Hämophilie ein Mensch hat, hängt davon ab, welcher spezifische Gerinnungsfaktor im Blut fehlt.
- Hämophilie A
Dies ist die häufigste Form der Hämophilie; ungefähr 80 % der Patienten mit Hämophilie leiden an Hämophilie A. Es wird von einem Mangel an Gerinnungsfaktor XIII verursacht. - Hämophilie B
Diese Form von Hämophilie hatte eine große Auswirkung auf die europäischen Königshäuser im 19. und 20. Jahrhundert. Hier kommt es zu einem Mangel an Gerinnungsfaktor IX. - Hämophilie C
Es ist die mildeste und seltenste Form der Krankheit, die von einem Mangel an Gerinnungsfaktor XI verursacht wird.
Vererbungen von Hämophilie
In den meisten Fällen wird Hämophilie vererbt. Die X- und Y-Chromosome bestimmen das biologische Geschlecht: Frauen haben typischerweise zwei X-Chromosomen und Männer ein X- und Y-Chromosom. Eine Frau erbt ein X-Chromosom von ihrer Mutter und auch ihrem Vater. Ein Mann erbt ein X-Chromosom von seiner Mutter und ein Y-Chromosom von seinem Vater.
Das Gen für Hämophilie befindet sich auf dem X-Chromosom. Frauen tragen das Gen unbemerkt und leiden meist nicht an der Erkrankung, während sie es an ihre Söhne weitervererben: Hämophilie tritt fast immer bei Männern zutage.
Erwähnenswert ist, dass ungefähr 30% der Menschen mit Hämophilie, sie nicht vererbt bekamen. Stattdessen wird sie durch eine Veränderung der Gene verursacht, was die Erkrankung auslöst. Dabei greift das Immunsystem Gerinnungsfaktoren im Blut an. Das geschieht in Folge von Schwangerschaft, Autoimmunerkrankungen, Multipler Sklerose oder von Krebs. Diese Form von Hämophilie nennt man erworbene Hämophilie.
Diagnostik
Schwere Hämophilie ist normalerweise bei einem Kleinkind erkennbar, bevor er das Alter von einem Jahr erreicht. Doch diejenigen mit milden Fällen von Hämophilie wissen oft nicht, dass sie die Krankheit haben, bis sie erwachsen sind.
Die häufigste Methode zur Diagnose der Hämophilie ist ein Bluttest, der einen Mangel an Gerinnungsfaktoren detektieren kann. Frauen können sich auch Tests während der Schwangerschaft unterziehen, um herauszufinden, ob der Fötus Hämophilie hat. Diese Tests beinhalten die Entnahme einer Probe des Mutterkuchens oder der amniotischen Flüssigkeit. Jedoch gibt es eine geringe Chance, dass diese Tests zu Problemen wie Fehl- oder Frühgeburten führen können. Deshalb ist es wichtig, einen Arzt um Rat zu fragen, bevor man eine Entscheidung trifft.
Wenn in Ihrer Familie Fälle von Hämophilie bekannt sind und Sie vorhaben, ein Baby zu bekommen, ist es wichtig, mit einem Arzt zu sprechen.
Typische Symptome
Die Symptome, die man bekommt, hängen von der Schwere der Erkrankung ab. In einigen Fällen bluten Patienten nur nach einer Operation, aber in schweren Fällen ist es möglich, dass spontan Blutungen auftreten.
Zu den Symptomen zählen:
- Unerklärliches Nasenbluten
- Große oder tiefe blaue Flecken
- Unerklärliche und übermäßige Blutung von Wunden nach einer Operation
- Blutendes Zahnfleisch
- Ungewöhnliche Blutung nach Impfungen
- Schmerzen, Schwellungen oder Steifheit in den Gelenken
- Blut im Urin
- Unerklärliche Reizbarkeit bei Säuglingen
Komplikationen
In schweren Fällen kann ein Mensch mit Hämophilie lebensbedrohliche Komplikationen erleben, die aus der Krankheit selbst resultieren können, oder aus der Behandlung. Hier sind die häufigsten Komplikationen aufgelistet:
- Schwere innere Blutung
Patienten mit Hämophilie können Blutungen in den Muskeln bemerken, vor allem um die Knie, Knöchel und Ellbogen. Die Schwellung, die von der örtlichen Blutung verursacht wird, kann zu Schmerz und einem Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen oder Gelenken führen. - Gelenkschädigung
Innere Blutung kann Druck auf die Gelenke ausüben, was starke Schmerzen und möglicherweise Arthritis verursacht. - Entzündung
Menschen mit Hämophilie brauchen wahrscheinlich öfter Bluttransfusionen. Wenn sie Blutprodukte erhalten, die mit einem Virus oder einer Infektion kontaminiert sind, kann es dazu führen, dass der Betreffende sich infiziert. - Nebenwirkungen bei der Behandlung des Gerinnungsfaktoren
Menschen mit Hämophilie greifen oft auf die Gerinnungsfaktorenbehandlung zurück, um die Blutung zu bekämpfen. In einigen Fällen kann das Immunsystem auf die neuen Gerinnungsfaktoren im Blut negativ ansprechen und daher Proteine entwickeln, die die Gerinnungsfaktoren deaktivieren. Diese Proteine nennt man Inhibitoren und sie können die Behandlung unwirksam machen. - Gehirnblutung
Eine Gehirnblutung ist eine Art von Schlanganfall die auftritt, wenn eine Ader im Gehirn platzt und eine örtliche Blutung verursacht. Wenn Sie vermuten, dass jemand eine Gehirnblutung hat, dann sollten Sie sofort den Rettungsdienst anrufen. Hier sind die Zeichen aufgelistet, nach denen man Ausschau halten muss:- Steifer Nacken
- Erbrechen
- Undeutliches Sprechen
- Starke Kopfschmerzen
- Lähmung der Gesichtsmuskeln
- Koordinationsverlust
Wie wird Hämophilie behandelt?
Leider gibt es keine Heilung für Hämophilie. Trotzdem ist es für Menschen mit Hämophilie möglich, eine gute Lebensqualität zu erhalten, indem sie sich einer Therapie unterziehen und ihren Lebensstil verändern. Hier finden Sie eine Liste von Behandlungsmöglichkeiten und Medikationen, die dabei helfen, mit der Erkrankung umzugehen.
- Substitutionstherapie
Der Gerinnungsfaktor, der im Blut des Patienten fehlt, wird ersetzt. Dieser Ansatz kommt zum Einsatz, wenn eine blutende Episode bekämpft werden soll. Die Substitutionstherapie kann auch regelmäßig zu Hause durchgeführt werden – als vorbeugende Maßnahme gegen Blutungsepisoden. Der Gerinnungsfaktor, der zugeführt wird, kann aus gespendetem Blut gewonnen oder aber auch künstlich hergestellt werden. - Schutzimpfungen
Wie schon erwähnt, brauchen Menschen mit Hämophilie wahrscheinliche öfter Bluttransfusionen. Es ist wichtig, Impfungen für Krankheiten wie Hepatitis B und C zu erhalten, um das Risiko zu verringern, dass eine dieser Erkrankungen durch Kontamination fremden Blutes auftreten könnte. - Desmopressin
Menschen mit einer milden Form von Hämophilie können sich ein Hormon injizieren lassen, das den Körper dazu anregt, mehr Gerinnungsfaktoren freizusetzen. Es ist auch möglich, es als Nasenspray zu verabreichen. - Medikamente zur Bluststillung (Hämostatikum)
Sie verhindern die Beeintrechtigung von Blutgerinnung. - Fibrin-Dichtungsmassen
Sie kommen in der Regel bei Zahnbehandlungen zum Einsatz, weil sie direkt auf Wunden aufgetragen werden können, um die Prozesse der Gerinnung und Heilung zu stimulieren. - Physiotherapie
Physiotherapie ist ein sehr wichtiger Teil der Hämophilie-Behandlung, weil sie hilft, die normale Funktion der Muskeln und Gelenke zu erhalten.
Neben Therapie sowie Medikamenten, spielen auch Lebensstil-Änderungen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Hämophilie. Hier sind einige Beispiele aufgelistet.
- Regelmäßige Bewegung
Körperliche Aktivitäten wie Schwimmen, Radfahren und Wandern können helfen, die Muskeln zu stärken. Jedoch ist es wesentlich, Kontaktsportarten wie Fußball, Hockey oder Kampfkunst zu vermeiden, da die Verletzungsgefahr zu groß ist. - Kinder vor Verletzungen zu schützen
Knieschützer, Helme und andere Schutzvorrichtung können helfen, ein Kind zu schützen, das an Hämophilie hat. - Aufrechterhaltung einer gute Mundhygiene
Umgehen Sie Operationen die zu übermäßiger Blutung führen können. - Bestimmte Schmerzmittel zu vermeiden
Schmerzmittel wie Aspirin können die Magenschleimhaut beschädigen und das Risiko von Blutungen erhöhen. Stattdessen ist es sicherer für Menschen mit Hämophilie nach Absprache mit ihrem Arzt Paracetamol einzunehmen. - Blutverdünnenden Medikamente zu vermeiden
Medikamente wie Heparin, Warfarin (Coumadin), Clopidogrel (Plavix), Ticagrelor, Rivaroxaban (Xarelto), Apixaban (Eliquis), Edoxaban und Dabigatran (Pradaxa) können Blutgerinnung verhindern. - Erste Hilfe bei leichten Verletzungen
Einen Druckverband auf eine Verletzung oder Wunde anzulegen, kann die Blutung bekämpfen. Noch dazu können Eispackungen verwendet werden, um Blutungen unter der Haut zu reduzieren.
Hämophilie kann eine gefährliche Krankheit sein, die zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Dennoch können Menschen mit Hämophilie eine sehr gute Lebensqualität aufrechterhalten, indem sie sich einer Therapie unterziehen und Medikamente nehmen sowie vorsichtig Verletzungen vermeiden, die mögliche Blutungen verursachen könnten. Es ist auch hilfreich wenn Patienten ehrlich und offen mit ihrem Zustand umgehen. So kann das Umfeld eine gute Unterstützung bieten. Menschen mit Hämophilie können sicherstellen, dass sie im Alltag und im Notfall vor Risiken geschützt sind, indem sie auf andere zuzugehen und ihnen helfen, die Krankheit und ihre Auswirkungen zu verstehen. Es ist außerdem immer eine Hilfe, mit einem Berater zu sprechen, um mit der Krankheit sowohl körperlich als auch geistig zurecht zu kommen.
Das könnte Sie außerdem interessieren: