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Ocrevus: Ihre 8 häufigsten Fragen zu Ocrelizumab beantwortet

Apotheker-geprüfte Antworten zu Wirkung und Nebenwirkungen von Ocrevus

Ocrevus ist ein Medikament zur Behandlung verschiedener schubförmiger Formen der Multiplen Sklerose (MS), einschließlich des klinisch isolierten Syndroms, der schubförmig-remittierenden MS und der aktiven sekundär-progredienten Erkrankung. Darüber hinaus ist es für die Behandlung der primär progredienten MS zugelassen. Ocrevus enthält den Wirkstoff Ocrelizumab. In diesem Artikel beantworten wir die 8 häufigsten Fragen zu Ocrevus.

Wir hoffen, die Informationen in diesem Artikel sind hilfreich und bitten Sie, diese lediglich als solche wahrzunehmen. Dieser Artikel ersetzt keinen professionellen ärztlichen Rat. Falls Sie Bedenken zu Ihrer Medikation haben, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Dies ist besonders wichtig, falls Sie mehrere Medikamente einnehmen oder bestehende Risikofaktoren oder Unverträglichkeiten haben.

Was ist Ocrevus (Ocrelizumab)?

Ocrevus ist der Markenname für Ocrelizumab, ein Medikament, das für die Behandlung schubförmiger Ausprägungen der Multiplen Sklerose (MS) und der primär progredienten MS zugelassen ist. Es wurde 2017 von der FDA (in den USA) und der EMA (in der EU) zusammen mit mehreren anderen Märkten zugelassen.

Ocrevus wird durch eine intravenöse Infusion verabreicht, d.h. es wird langsam – von einer medizinischen Fachkraft – in eine Vene gespritzt. Die Infusionen werden einmal alle sechs Monate verabreicht, wobei die allererste Dosis in zwei Infusionen aufgeteilt wird, die im Abstand von zwei Wochen verabreicht werden.

Der Wirkstoff von Ocrevus, Ocrelizumab, ist ein monoklonaler Antikörper, d.h. es handelt sich um ein im Labor hergestelltes Mittel, das natürliche Antikörper nachahmt, die von Ihrem Immunsystem gebildet werden. Ocrevus ist so konzipiert, dass es spezifisch auf ein Antigen abzielt, das mit dem Fortschreiten der Multiplen Sklerose in Verbindung gebracht wurde. Auf diese Weise und durch die Zerstörung der Zellen, auf denen sich das Antigen befindet, soll Ocrevus die Demyelinisierung verringern und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen.

Wie wirkt Ocrevus (Ocrelizumab)?

Die genaue Wirkungsweise von Ocrevus ist nicht bekannt. Trotzdem liegen ein paar Erkenntnisse zu dem Wirkstoff des Arzneimittels vor: Ein paar Dinge sind also über den monoklonalen Antikörper namens Ocrelizumab bekannt.

Monoklonale Antikörper sind im Labor hergestellte Moleküle, die natürliche, von Ihrem Immunsystem produzierte Antikörper imitieren. Monoklonale Antikörper sollen je nach gewünschter therapeutischer Wirkung gegen spezifische Antigene (Moleküle, die eine Immunantwort stimulieren) gerichtet sein.

Ocrevus wird so hergestellt, dass es sich an ein Antigen namens CD20 bindet, das auf spezifischen B-Zellen (einer Art weißer Blutkörperchen) vorhanden ist. Die Rolle dieser B-Zellen bei der Multiplen Sklerose ist noch nicht vollumfänglich erforscht, aber Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sie beim Fortschreiten der Krankheit genauso wichtig sein können wie die T-Zellen (eine andere Art von weißen Blutkörperchen, die seit langem mit MS in Verbindung gebracht wird).

Ocrevus zerstört die CD20-Zellen, an die es sich bindet, was vermutlich die Schädigung des Myelins (Demyelinisierung) reduziert.

Was bewirkt Ocrevus (Ocrelizumab) bei MS?

Ocrevus ist sowohl für die Behandlung der schubförmigen als auch der primär progredienten Form der Multiplen Sklerose zugelassen, da klinische Studien seine Wirksamkeit für beide Formen nachgewiesen haben.

Ocrevus (Ocrelizumab) bei schubförmiger MS

Ocrevus wurde mit einem anderen Medikament gegen schubförmig verlaufende Formen der Multiplen Sklerose namens Rebif verglichen, dessen Wirkstoff Interferon beta-1a ist. Lesen Sie hier alles über Rebif.

Die Medikamente wurden in zwei großen, identischen klinischen Studien verglichen, in denen 1656 Menschen mit MS untersucht wurden.

In beiden Studien wurde festgestellt, dass Ocrevus die Anzahl der Schübe wirksamer reduziert als Rebif. In Studie 1 hatten 83% der Personen, die Ocrevus einnahmen, innerhalb von zwei Jahren keine Schübe (Vergleich zu Rebif: 71%), während es in Studie 2 82% waren. Die Ergebnisse beider Studien waren sich sehr ähnlich, also konsistent.

Darüber hinaus erwies sich Ocrevus als wirksam bei der Verlangsamung des Krankheitsverlaufs und der Reduzierung von Hirnläsionen. Mehr über die Studien können Sie hier lesen: Ocrevus für schubförmig verlaufende Formen der MS.

Ocrevus (Ocrelizumab) bei primär progredienter MS

Ocrevus ist (zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels) das einzige Medikament, das von der FDA zur Behandlung der primär progredienten Multiplen Sklerose (PPMS) zugelassen ist.

Ocrevus wurde in einer Studie mit 732 Personen, die mit PPMS leben, mit einem Placebo (einer Substanz, die keinen Wirkstoff enthält) verglichen.

Bei Menschen, die Ocrevus einnahmen, war das Fortschreiten der Krankheit (basierend auf einer Skala zur Einschätzung des Behinderungsgrads) um 24% weniger wahrscheinlich als bei Menschen, die das Placebo eingenommen haben. Außerdem schnitten Probanden bei einem zeitbasierten Test zur Bestimmung der Gehgeschwindigkeit im Krankheitsverlauf besser ab.

Mehr über die Studie können Sie hier nachlesen: Ocrevus bei primär progredienter MS.

Was sind Nebenwirkungen von Ocrevus (Ocrelizumab)?

Ocrevus kann u.a. folgende Nebenwirkungen haben:

  • Reaktionen auf die Infusion
  • Erhöhtes Risiko von Infektionen
  • Risiko für maligne Erkrankungen, einschließlich Brustkrebs

Die häufigsten Nebenwirkungen, die durch Ocrevus verursacht werden, sind Infusionsreaktionen, einschließlich:

  • Juckende Haut
  • Ausschlag
  • Müdigkeit
  • Husten oder Keuchen
  • Atembeschwerden
  • Reizung oder Schmerzen im Rachenraum
  • Gefühl der Ohnmacht
  • Fieber
  • Rötung im Gesicht mit Hitzegefühl (Flush)
  • Übelkeit
  • Kopfschmerzen
  • Schwellung des Rachens
  • Schwindelgefühl
  • Kurzatmigkeit
  • Müdigkeit
  • Schneller Herzschlag

Es ist üblich, dass Sie mit Kortikosteroiden und Antihistaminika vorbehandelt werden, um das Risiko und den Schweregrad von Infusionsreaktionen zu verringern. Dennoch traten bei bis zu 40% der Personen, die Ocrevus erhielten, Infusionsreaktionen auf, insbesondere nach der ersten Infusion. In klinischen Studien waren die meisten Infusionsreaktionen leicht bis mittelschwer; 0,3% der Infusionsreaktionen waren schwerwiegend, von denen einige einen Krankenhausaufenthalt erforderten.

Ihr Arzt wird Sie in der Regel nach jeder Infusion mindestens eine Stunde lang auf Anzeichen von Infusionsreaktionen beobachten lassen. Diese können jedoch auch noch bis zu 24 Stunden nach der Infusion auftreten, sodass Sie sich sofort an Ihren medizinischen Betreuer wenden, sollte nach der Infusion eine der oben genannten Nebenwirkungen auftreten.

Erhöhtes Infektionsrisiko

Da Ocrevus auf Ihr Immunsystem wirkt, erhöht es Ihre Anfälligkeit für Infektionen, einschließlich Infektionen der oberen und unteren Atemwege, Hautinfektionen und herpesbedingte Infektionen.

Sie sollten Ihren Arzt oder Ihre Ärztin informieren, wenn Sie Anzeichen einer Infektion haben, einschließlich:

  • Fieber
  • Schüttelfrost
  • Anhaltender Husten

Zu den Anzeichen einer Herpesinfektion gehören:

  • Fieberbläschen
  • Gürtelrose
  • Genitalgeschwüre

Zu den ernsteren Anzeichen von Herpes zählen:

  • Anhaltende Kopfschmerzen
  • Verwirrung
  • Wahrnehmungsstörungen
  • Rötung der Augen
  • Augenschmerzen

Ihr Arzt wird auch einen Bluttest auf Hepatitis B durchführen, bevor Sie mit der Einnahme dieses Medikaments beginnen. Wenn Sie jemals Hepatitis B hatten, können Anti-CD20-Medikamente, wie z. B. Ocrevus, das Virus reaktivieren.

Ocrevus kann auch das Risiko einer schwerwiegenden opportunistischen Virusinfektion des Gehirns, der sogenannten progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML), erhöhen, die mit anderen Anti-CD20- und MS-Medikamenten in Verbindung gebracht wurde. Obwohl die PML selten ist und normalerweise nur bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auftritt, sollten Sie sich sofort an Ihren Arzt oder Ihre Ärztin wenden, wenn neue oder sich verschlechternde neurologische Zeichen und Symptome auftreten:

  • Probleme beim Denken oder Sehvermögen, Gleichgewichtsstörungen
  • Schwäche auf einer Körperseite
  • Kraftmangel oder Probleme beim Benutzen Ihrer Arme oder Beine

Risiko für maligne Erkrankungen – einschließlich Brustkrebs

In klinischen Studien wurde bei sechs von 781 Frauen, die Ocrevus einnahmen, Brustkrebs diagnostiziert, während bei 668 Frauen, die Rebif oder ein Placebo einnahmen, keine Fälle auftraten. Dies deutet darauf, dass Ocrevus das Brustkrebs-Risiko erhöhen könnte.

Es wird empfohlen, dass Frauen, die Ocrevus einnehmen, sich über Brustkrebs-Risikofaktoren erkundigen und ein Screening machen lassen. Informationen zum Brustkrebsrisiko finden Sie z.B. auf der Seite des Deutschen Krebsforschungszentrums.

Dies hier ist keine vollständige Liste der möglichen Nebenwirkungen von Ocrevus. Es ist wichtig, mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin zu sprechen, um Informationen über das Risiko von Nebenwirkungen und die Schritte zu erhalten, die Sie ergreifen können, um diese zu verhindern oder zu kontrollieren. Darüber hinaus ist Ocrevus ein vergleichsweise neues Medikament auf dem Markt (es wurde erstmals 2017 zugelassen), sodass bisher unbekannte Risiken auftreten können.

Kann ich nach der Infusion mit Ocrevus ein Auto fahren?

Da es innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Infusion zu Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit und Kopfschmerzen kommen kann, wird die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigt. Sie sollten in dieser Zeit keine Kraftfahrzeuge führen oder Maschinen bedienen.

Ist die Behandlung mit Ocrevus bei Schwangerschaft und Stillzeit erlaubt?

Ocrevus darf nicht während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit verabreicht werden. Zwar sind bisher keine entwicklungsschädigenden Wirkungen von Ocrelizumab bekannt, jedoch können mögliche Effekte nicht ausgeschlossen werden. Aufgrunddessen ist während der Behandlung mit Ocrevus und bis zu 12 Monate nach dem Absetzen des Medikaments eine wirksame Form der Empfängnisverhütung (Kontrazeption) durchzuführen.

Wie lange dauert es, bis Ocrevus (Ocrelizumab) wirkt?

Es gibt keine definierte Zeitspanne, die Ocrevus bis zur Wirkung benötigt. In den Phase-3-Studien, in denen Ocrevus mit Rebif verglichen wurde, machten die Forscher jedoch zu definierten Zeitpunkten Beobachtungen. Folgendes konnten sie feststellen:

  • Nach 12 und 24 Wochen verlangsamte sich der Krankheitsverlauf
  • Bei Probanden, die Ocrevus einnahmen, wurden nach 24, 48 und 96 Wochen immer weniger Hirnläsionen festgestellt
  • Bei Patienten mit schubförmiger MS waren die Krankheitsaktivität und das Fortschreiten der Erkrankung über einen Zeitraum von 96 Wochen geringer

Es liegt nahe, dass Ocrevus innerhalb von 12 Wochen nach der ersten Dosis zu wirken beginnt.

Wie wird Ocrevus (Ocrelizumab) verabreicht?

Ocrevus (Ocrelizumab) wird als intravenöse Infusion durch eine medizinisches Fachkraft verabreicht. D.h., dass das Arzneimittel Ihnen sehr langsam in eine Vene gespritzt wird.

Die erste Dosis wird in zwei separate Infusionen (je 300 mg) aufgeteilt, die im Abstand von zwei Wochen verabreicht werden. In der Regel dauert dies etwa 2,5 Stunden.

Alle weiteren Dosen (von 600 mg) werden mittels einer Infusion alle sechs Monate verabreicht, wobei jede Infusion in der Regel etwa 3,5 Stunden dauert. Infusionen können länger dauern, wenn Reaktionen auftreten. Patienten werden während der Infusionsdauer von einem medizinischen Betreuungsteam überwacht.

Vor Erhalt der Infusion führt Ihr Arzt eine Kontrolluntersuchung durch, bei der u.a. auf aktive Infektionen und auf Ihre Vitalzeichen geachtet wird. In der Regel werden Ihnen 30 bis 60 Minuten vor der Infusion Medikamente verabreicht, die das Risiko und den Schweregrad von Infusionsreaktionen zu verringern helfen, z. B. Kortikosteroide und Antihistaminika.

Nach Erhalt der Infusion wird Ihr medizinischer Betreuer Sie mindestens eine Stunde lang überwachen und auf Anzeichen von Infusionsreaktionen überprüfen. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass Reaktionen bis zu 24 Stunden nach der Infusion auftreten können. Weitere Informationen zu Infusionsreaktionen finden Sie unter der vierten Frage: Was sind Nebenwirkungen von Ocrevus?

Ab Mai 2020 wurde von der EMA eine kürzere Infusionszeit von zwei Stunden für die Anwendung in Europa genehmigt. Seit Dezember 2020 wurde auch von der FDA (engl. Food and Drug Agency: US-Zulassungsbehörde) eine kürzere Infusionszeit genehmigt.


Wir hoffen, die Informationen in diesem Artikel sind hilfreich und bitten Sie, diese lediglich als solche wahrzunehmen. Dieser Artikel ersetzt keinen professionellen ärztlichen Rat. Falls Sie Bedenken zu Ihrer Medikation haben, sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Dies ist besonders wichtig, falls Sie mehrere Medikamente einnehmen oder bestehende Risikofaktoren oder Unverträglichkeiten haben.